Ich gebe zu, ich mochte es nicht. Ich konnte es nicht besonders und es war mir peinlich. Meine Stimme hat mir auch irgendwie nicht gefallen. Es geht ums Singen.

Immer wieder wurde ich von Lehrern und Dozenten damit konfrontiert. Tonleitern und Akkorde Singen, Melodien und Phrasen singen, Riffs singen… Nein, ich habe es wirklich nicht gemocht. Ein maßgeblicher Grund war wahrscheinlich auch, dass ich es nicht besonders gut konnte.

Ob ich einen Ton traf, war Glückssache. Ob ich nach oben oder unten korrigieren musste, ein Ratespiel. Heute klappt es ganz gut. Ich bin immernoch keine neue Mariah Carey, treffe aber zumindest die Töne, die ich treffen will. Als Sänger auf die Bühne gehen, werde ich sicher nicht, aber das ist auch garnicht Sinn der Sache.

Warum du singen solltest

Es würde nicht zu diesem Blog passen, wenn es dich nicht am Bass weiterbringen würde. Ja ich weiß, du vermutest es schon (Kunststück, steht ja auch in der Überschrift :-)), ich empfehle dir ausdrücklich Singen zu üben.

Dazu aber später mehr, lass mich erst erklären.

Indem du singst, machst du dir die Töne greifbarer

Musik entsteht zu allererst im Kopf (zumindest sollte sie das). Dir fällt eine Melodie ein, eine Linie, ein Riff, nun geht es darum diese Idee nach draußen, in die Welt zu bringen.

Deine gedachten Töne haben noch keine Substanz, du kannst sie nur denken, nicht hören. Du brauchst also irgendeinen Kanal, ein Vehikel, ein Instrument um sie erfahrbar zu machen.
Das ist bei uns der Bass.

Auf dem Weg von der Entstehung einer Linie im Gehirn bis zum tatsächlichen Erklingen aus der Bassbox ist es allerdings ein langer Weg.

Der erste Schritt ist die Inspiration. Dir kommt eine Idee in den Kopf und du spielst gedanklich damit herum, du jammst im Kopf sozusagen. Um zu erfassen, was das aber eigentlich ist, was du da spielst, musst du es dir aktiv bewusst machen.

Also erstens die Musik erdenken und zweitens die erdachte Musik in deinem Kopf aktiv beobachten.
Um sie nämlich in irgendeiner Form auf ein Instrument bringen zu können, musst du sie erst für dich selbst greifbar machen.

Du musst wissen was du da spielst, noch bevor du den Bass in die Hand nimmst.

Ansonsten wird das ein wahlloses Rumgesuche auf dem Griffbrett, was entweder ewig dauert oder (was noch schlimmer ist) dich von deiner eigentlichen Idee ablenkt und du stattdessen etwas spielst, was du grade neu auf dem Griffbrett entdeckst.

Da kommt das Singen ins Spiel.

Das Übertragen der Noten vom Gehirn auf den Bass ist eine ziemliche Transferleistung, die geübt werden will und in der Regel Jahre der Übung braucht, bis es zuverlässig funktioniert.

Wenn du aber den Zwischenschritt gehst und die Noten zuerst singst, tust du gleich zwei Dinge:

  • Du machst dir die Töne selbst deutlich besser greifbar.
    Deine Gedanken bekommen einen Ausdruck, du kannst die sozusagen „benennen“, du formulierst deine Gedanken aus, gibst ihnen Namen.Es ist, als ob du Wörter für deine erdachten Töne hättest, nur dass es eben keine Wörter, sondern Klänge sind (Ich hoffe das macht Sinn für dich).Das ist ein großer Unterschied zum reinen Denken. Hast du nämlich erst einmal einen Namen für etwas, kannst du es viel besser fassen. Du kannst viel besser damit arbeiten.
  • Du gibst den Tönen Substanz und machst sie vergleichbar.
    Wenn sie ersteinmal erklingen, kannst du sie sehr gut mit dem abgleichen, was du auf dem Bass ausprobierst. Viel besser als nur mit gedachten Tönen.Ein bisschen Übung vorausgesetzt, merkst du sehr schnell, ob du mit dem Bass eher höher oder tiefer liegst und kannst sofort korrigieren.

Die Töne aus dem Kopf direkt auf den Bass zu übertragen, kannst du dir vorstellen, wie ein Sprung über einen Bach. Das kann schon klappen, besonders wenn du es schon oft geübt hast.

Einfacher und praktischer ist es aber dir einen Trittstein hinzulegen, den du zur Überquerung nutzen kannst.

Und warum unterwegs diesen Sprung machen, wenn er zur Folge haben kann, dass du auf die Nase fällst und am Ende vielleicht garnicht da ankommst, wo du willst.

Wenn du das nächste eine Linie im Kopf hast und sie auf den Bass übertragen willst, probier mal folgende Herangehensweise aus:

  1. Mach dir die Noten ganz genau bewusst. Höre sie klar und deutlich mit deinem inneren Ohr, als ob sie schon jemand spielen würde.
  2. Greife dir einen Ton heraus (zum Beispiel den ersten) und versuche ihn zu singen. Erstmal nur den Einen. Wenn du den nämlich erstmal hast, geht der Rest viel leichter.
  3. Wenn du ihn singst, prüfe: Bist du zu hoch oder zu tief? Wie viel? Justiere nach und verändere deinen Ton langsam in die richtige Richtung bis er passt. Das geht nicht unbedingt beim ersten mal auf Anhieb, es kann schon ein bisschen Übung brauchen, bis es routiniert funtioniert. Mach dir keinen Kopf, das wird.
  4. Vergleiche den gesungenen Ton mit dem Gedachten. Wie klingen die Beiden zusammen? Sind es tatsächlich die gleichen Töne? Falls ja, cool. Dann darfst du jetzt mit dem nächsten Ton weiter machen und so weiter.

Übertrage die gesungenen Töne auf den Bass

Du hast deine Linie verinnerlicht und sie dir wirklich bewusst gemacht. Ich hoffe, das Prinzip ist dir klar geworden. Jetzt beginnt nämlich das Übertragen auf den Bass.

Das funktioniert exakt auf die gleiche Art, wiederhole dafür also einfach die gleichen Schritte wie vorher. Ob du vom Gehirn auf die Stimme oder von der Stimme auf den Bass überträgst, macht nämlich keinerlei Unterschied. Das Prinzip ist das Gleiche, daher ist auch die Herangehensweise die Gleiche.

Wenn du regelmäßiges Singen Üben in deinen Übeplan (Hast du schon Einen?) integrierst, wirst du nach und nach merken, wie sich zwei Punkte wesentlich verbessern:

  1. Es fällt dir leichter Dinge nachzuspielen.
    Du verstehst neue Melodien/Riffs/Linien viel schneller und kannst sie reproduzieren.
  2. Dein Gehör verbessert sich.
    Du lernst Songs schneller, kommst besser auf Jamsessions zurecht und kannst dich in unbekannte Musik schneller und zuverlässiger einfinden.

Es fällt dir leichter deine eigenen Ideen auf den Bass zu übertragen. Es geht schneller und einfacher das, was du im Kopf hast auf dem Bass umzusetzen.

Irgendwann geht es wie von selbst und du brauchst garnicht mehr drüber nachzudenken. Es lohnt sich also total Singen zu üben! Auf jeden Fall lohnt es sich, dich mal zu überwinden und es auszuprobieren.

Und wer weiß, vielleicht hören irgendwann auch die Nachbarn auf, gegen die Wand zu hämmern, wenn du unter der Dusche stehst ;-).

Viel Spaß beim Ausprobieren.

Einfach machen,