Es gibt eine Sache, die mich seit Beginn meiner Bassistenlaufbahn antreibt, mich immer weiter zu verbessern. Eine Sache beschreibt für mich voll und ganz was ich will. Gleichzeitig glaube ich, dass es das ist, was die Meisten von uns wollen: Ein geiler Bassist sein!
Was ein „geiler Bassist“ ist, hat sich im Verlauf der Jahre (von meinem 18. bis zum 31. Lebensjahr) deutlich verändert. Zu meinen Anfängen waren meine großen Helden sagenhafte Techniker, wie John Myung von Dream Theater oder Victor Wooten. Rasend schnell tappen, slappen und das Griffbrett hoch und runter rasen, wie ein verrückter. DAS fand ich geil.
Hier sind noch ein paar mehr richtig geile Bassisten drunter:
Ich wollte das auch können und war bereit was dafür zu tun. Ich hab mich also aufgemacht zu entdecken was es bedeutet ein „geiler Bassist“ zu sein und selbst einer zu werden. Ich wollte:
- immer spontan einen mitreißenden Groove aus dem Ärmel schütteln können,
- aus dem Stehgreif solieren,
- die Leute zum Staunen und
- das Publikum zum Tanzen bringen
Ich wusste, dass ich das nicht alleine schaffen konnte, sondern Lehrer bräuchte und fing an Unterricht zu nehmen, wo es nur ging. Ich erspare dir die Geschichte über die Lehrer, die ich am liebsten erwürgen würde und gehe lieber auf die ein, von denen ich wirklich was gelernt habe. Nicht so sehr die Techniken, sondern vielmehr das Mindset, das bei top Leuten dahintersteht.
Nach meinen ersten Frutstrationen fing ich also an, nach echten Profis zu suchen. Ich guckte nicht so sehr nach „Basslehrer“, sondern vielmehr nach „Bassist von Band …“, die ich bewunderte. Ich wollte echte, arbeitende, erfolgreiche Profibassisten in meiner Stadt finden. Zugegeben, das brauchte ein paar Tage Recherche. Aber ich wurde fündig.
Ich hatte das Thema völlig falsch betrachtet
Meine erste Anlaufstelle war Björn Werra in Berlin, der unter anderem auf Platten von Roger Cicero, Chima und Andreas Bourani zu hören ist und mit Ron Spielman und Abwärts unterwegs war. Er unterrichtet an der Hochschule der populären Künste und beim Drumtrainer in Berlin.
Ich schrieb ihn also an und er lud mich zu sich nach Hause ein. Wir packten nicht einmal die Bässe aus, trotzdem war es eine unheimlich lehrreiche Lektion.
Ohne dass ich es wusste, war er geheimer Fan von meinem Blog. Als es aber darum ging, ein geiler Bassist zu sein, hat er ihn kritisiert. Als ich schrieb, dass man es mit seiner Vorbereitung nicht übertreiben soll, meinte er, dass es genau da anfängt, was einen geilen Bassisten ausmacht. Jederzeit top Vorbereitet zu sein.
Wenn man immer 100% gibt und mehr abliefert, als gefordert ist, dann würden Andere einen auch als wirklich geilen Bassisten sehen. Eine sehr interessante Sicht, wie ich fand!
Krasse Technik hilft aber trotzdem
Kurz danach habe ich den unglaublichen René Flächsenhaar entdeckt, der auch oben im Video zu sehen ist (Minute 4:15). Mit ihm bin ich direkt voll in die Materie eingestiegen. Wir haben geslappt, getappt, die unterschiedlichsten Grooves und Rhythmen auseinander genommen. Auf eine erfrischend produktive Butter-bei-die-Fische-Art. Er hat mir seine konkreten Techniken gezeigt, von denen ich fand, dass sie einen guten von einem geilen Bassisten unterscheiden.
Ein Kernstück der Lektionen bei ihm war das Schaffen von Headroom. Es bedeutet, dass alles, was du jemals live oder sonstwo spielst, nur ein Bruchteil von dem sein sollte, was du wirklich kannst.
Wenn du ein Riff vor Publikum auf 100 bpm spielen willst, musst du es beim Üben auf 150 bpm können, und zwar rückwärts, quer und von unten nach oben. Das gibt dir den nötigen mentalen Freiraum (Headroom), um den anderen Musikern zuhören und dich durch die Musik ausdrücken zu können, ohne nur auf das fixiert zu sein, was du gerade spielst.
Selbst die Meister zweifeln
Als ich später Markus Setzer auf einem Workshop von meinem Wunsch erzählte ein geiler Bassist zu sein, zeigte er mir keine Tricks oder Techniken, sondern stellte seinen Bass beiseite. Er erzählte mir von einem Erlebnis, das er mit Victor Wooten gehabt hatte.
Er war auf einem Konzert von ihm, um ihn für eine Bassistenzeitschrift zu interviewen. Nach dem Gig ging er zu ihm in den Backstagebereich und fragte, wie der Gig für ihn gelaufen war. Es stellte sich heraus: Victor war absolut nicht zufrieden mit seiner Performance gewesen, sondern vollkommen frustriert über seine Leistung auf der Bühne.
Victor der Bassgott Wooten war unzufrieden mit seinem Bassspiel und sah sich selbst nicht als geilen Bassisten!
Für mich war das eine atemberaubende Erkenntnis. Der Großmeister, durch den meine Suche überhaupt erst begonnen hatte, fand sich selbst nicht als geiler Bassist!
Markus erzählte weiter und fragte mich was, von meiner Meinung über mich als Bassist, Fremdwahrnehmung und was Eigenwahrnehmung ist. Sprich: Wie sehen mich Andere eigentlich? Wie sehe ich mich selbst? Und was glaube ich eigentlich, wie Andere mich sehen?
Er sagte: „Ich wette, dass du was spielen kannst, was die Anderen hier total geil finden würden!“
Fremdwahrnehmung und Eigenwahrnehmung. Was muss passieren, damit ich zufrieden mit mir bin? Was muss ich erreichen, um mich selbst geil genug zu finden?
Meine Sportroutine veranschaulicht das sehr schön:
Jetzt, wo ich Liegestütze mit erhöhten Füßen schaffe, will ich einarmige Liegestütze können. Danach kommen Handstandstütze dran. Dass ich höher hinaus und mehr erreichen will, wird niemals aufhören. Das Gleiche gilt beim Bass Spielen.
Wenn ich 16tel Arpeggios bei 120bpm durchhämmern kann, will ich das ganze bei 140bpm schaffen und so weiter und so fort. Aber, und das ist wichtig, ich darf unterwegs zufrieden mit mir selbst sein. Ich darf meine Entwicklung feiern und mich als geiler Bassist, sehen.
Was heißt es also ein geiler Bassist zu sein?
Für mich bedeutet es, mich stetig zu verbessern, meine Erfolge zu feiern und Spaß zu haben, bei dem was ich tue. Ganz nebenbei bin ich dann auch gleich ein glücklicher Bassist.
Aber jetzt will ich es von dir wissen! Was heißt es für dich ein geiler Bassist zu sein? Was müsste passieren, dass du dich als geilen Bassisten sehen kannst? Hinterlasse mir einen Kommentar unter dem Artikel.
Hau rein,
Headroom, jawoll — danke, dass du das so schön auf den Punkt gebracht hast!
Da ist es auch folgerichtig, dass Victor Wooten mit sich selbst unzufrieden ist. Stell dir mal den Leistungsdruck vor, wenn dein Publikum zu 99% aus Bass-Nerds besteht, die dir ständig gierig auf die Finger schauen. Er kann sich gar kein Headroom erlauben. So gesehen, ist Victor W. nicht wirklich zu beneiden. 🙂
Definitiv das schlimmste Publikum… Da hast du Recht.
OK. Den Basssound lieben, seinen Bass moegen…das war’s eigentlich, ach ja Tonleitern ueben und den Schweinehund nach 9 Stunden Arbeit überwinden. Das reicht eigentlich.